Nach der Kurzarbeit und dem Produktionsstop in zahlreichen italienischen Werken erhält die Krise bei Stellantis eine europäische Dimension. Der Konzern kündigte eine Reihe temporärer Stillstände an mehreren Produktionsstandorten auf dem Kontinent an. Die Entscheidung, die der Gruppe gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP bestätigt und von der Wirtschaftszeitung Les Echos berichtet wurde, betrifft fünf Standorte in Deutschland, Italien, Frankreich, Polen und Spanien. Ziel ist es, die Produktion an einen als „schwierig“ eingeschätzten europäischen Markt anzupassen und die Lagerbestände in einem Umfeld schwacher Nachfrage effizient zu verwalten.
Von Frankreich bis Deutschland: Die nächsten Stopps in Europa und in Italien
Zu den signifikantesten Fällen gehört das Werk Poissy am Rande von Paris, die letzte Automobilmontagefabrik der Île-de-France. Hier wird die Produktion für 15 Tage ausgesetzt, vom 13. bis 31. Oktober, wodurch rund 2.000 Beschäftigte in Kurzarbeit gehen. In Eisenach, im Osten Deutschlands, wo der SUV Opel Grandland gefertigt wird, wird die Linie für zwei Tage stillstehen, am 1. und 2. Oktober, unmittelbar vor dem Brückentag zum Nationalfeiertag.
In Italien wird das Werk Pomigliano d’Arco (Neapel) die Tätigkeiten in der Panda-Linie vom 29. September bis 6. Oktober aussetzen, und in der Tonale-Linie von Alfa Romeo vom 29. September bis 10. Oktober. In einem Treffen mit den Gewerkschaften kündigte die Geschäftsführung die Inanspruchnahme des Solidaritätsvertrags an.
Stopps gibt es auch in Polen und Spanien. Das Werk Tychy (Polen), das verschiedene kompakte Modelle des Konzerns produziert, wird im Oktober neun Tage lang stillstehen, wie Les Echos vorab berichtet. In Zaragoza, Spanien, ruhen die Aktivitäten vom 6. bis 10. Oktober, während der Standort Madrid eine längere Unterbrechung von 14 Tagen verzeichnen wird.
Die Motive des Unternehmens und die Befürchtungen der Gewerkschaften
„Es handelt sich um eine notwendige Maßnahme, um das Produktionsniveau an einen schwierigen Markt anzupassen und gleichzeitig die Lagerbestände bis zum Jahresende effizient zu verwalten“, erklärte ein Sprecher des Unternehmens.
Doch hinter den zeitweiligen Stillständen verbirgt sich ein tieferes Unbehagen. Die Gewerkschaften befürchten, dass die Blockaden eine strukturelle Neuorientierung oder sogar Endschließungen vorbereiten könnten. „Es ist eine beispiellose Situation in Poissy“, kommentierte Jean-Pierre Mercier, Vertreter der französischen Gewerkschaft Sud, und hob die Ungewissheit hervor, die die dortigen Beschäftigten belastet.
Die Krise von Stellantis ist zudem kein Einzelfall. Auch Volkswagen, Europas größter Automobilhersteller, hat seine Prognosen für 2025 nach unten korrigiert, belastet durch die Schwierigkeiten der Porsche-Tochter im Bereich der Elektromobilität. In Wolfsburg wird bereits von einer weitreichenden Umstrukturierung mit 35.000 Stellenabbau in Deutschland und der Schließung zweier Werke die Rede.
Das scheinbare Bild ist das einer europäischen Automobilindustrie unter Druck, die zwischen sinkender Inlandsnachfrage, dem aggressiven Wettbewerb chinesischer Marken und der Unsicherheit im Zuge der Elektrifizierung zerrieben wird. Eine Herausforderung, die Tausende von Arbeitsplätzen gefährdet und die die Geografie der Produktion auf dem Kontinent neu zeichnen könnte.