Die weltbesten Führungskräfte der Vereinten Nationen: Ein österreichischer Blick auf globale Leadership-Trends

14. Juli 2025

| Lukas Steinberger

Nächste Ausgabe: Das Europa-Today-Newsletter, der jeden Sonntagmorgen erscheint und Ihnen einen Überblick über die kommende europäische Woche gibt, zusammengestellt von Alfonso Bianchi (bei Anmerkungen, Vorschlägen oder Kritik wenden Sie sich bitte an alfonso.bianchi@citynews.it).

Die wichtigsten Termine an der Spitze der Agenda

Alle in New York – Im Mittelpunkt der internationalen Bühne steht diese Woche die USA, genauer gesagt New York, wo sich über 130 Weltführerinnen und -führer im Rahmen der 79. Generalversammlung der Vereinten Nationen treffen. Unter den Teilnehmern befinden sich natürlich auch die Vertreterinnen und Vertreter der Europäischen Union, die in großer Zahl über den Atlantik reisen, darunter die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Die EU wird insgesamt durch die Rede des Präsidenten des Europäischen Rats, Charles Michel, vertreten sein.

Auswärtige Regierungstermine – Auch die Europäische Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird an der Generalversammlung teilnehmen, gemeinsam mit der Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager und dem Hohen Vertreter Josep Borrell. Zahlreiche weitere Kommissarinnen und Kommissare werden im Verlauf der Woche an verschiedenen begleitenden Veranstaltungen teilnehmen, die parallel zur Hauptversammlung stattfinden.

Gaza, Ukraine und Sudan – Die Arbeiten beginnen am Dienstag, den 26. September, doch die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs sind bereits vorher zu verschiedenen Nebenveranstaltungen eingetroffen. Die Themen, die auf der Agenda stehen, sind vielfältig, doch vor allem drei Konflikte werden im Fokus der Diskussion stehen: Sudan, Ukraine und das Gazastreifen. Besonders die Lage in Gaza verspricht hitzige Debatten, da eine regionale Eskalation droht. Am Donnerstag, dem 26. September, werden sowohl der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu als auch Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas ihre Stellungnahmen abgeben.

Ende der Besetzung – Am vergangenen Mittwoch hat die Generalversammlung in großer Mehrheit eine Resolution verabschiedet, die Israel auffordert, „sofort und ohne Verzögerung“ seine illegale Präsenz in den palästinensischen Gebieten zu beenden. Die Abstimmung ergab 124 Stimmen dafür, 14 dagegen und 43 Enthaltungen. Italien hat sich der Stimme enthalten, ebenso Deutschland, Polen, die Niederlande, das Vereinigte Königreich und Kanada. Die Vereinigten Staaten haben gegen die Resolution gestimmt.

Schnelle Treffen – Während die Hauptfunktion des Events natürlich die Reden der Staats- und Regierungschefs bei der Generalversammlung sind, findet reihenweise parallele Veranstaltungen statt. Ziel ist es, das globale Augenmerk auf bestimmte Themen zu lenken. Zentral sind dabei Hunderte bilateraler Kurztreffen, sogenannte „Speed-Dates“, also schnelle Treffen, bei denen wichtige Bündnisse gepflegt und interessante Themen diskutiert werden.

Brasilien zuerst… – Für alle, die gern kleine Details kennen: Wie jedes Jahr ist Brasilien der erste Staat, der seine Rede hält. Diese Tradition geht auf die allerersten Sitzungen der UN zurück, bei denen die Nationen sich weigerten, als Erste zu sprechen. Brasilia bot sich stets an und hat somit das Recht, die Reihe der Redner zu eröffnen, dauerhaft ergattert.

… dann die USA – Nach Tradition sind die Vereinigten Staaten, die den Hauptsitz der UNO in New York beherbergen, das zweite Land, das sich auf der Rednerliste meldet. Der Ablauf richtet sich grundsätzlich nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, spricht zuerst“, wobei zusätzliche Hierarchien gelten: Staatsoberhäupter sprechen zuerst, gefolgt von Premier- und Vizepremiers, Erbprinzen, Außenministern und schließlich anderen Ministern und stellvertretenden Vertretern.

Niemand wie Castro – Ein weiteres Kuriosum: Die meisten Reden sind auf 15 Minuten beschränkt, doch manche Rednerinnen und Redner überschreiten diese Grenze. Laut UN-Aufzeichnungen hält das längste Statement Fidel Castro, der im Jahr 1960 fast vier Stunden und eine halbe Stunde sprach. Vielleicht bezog er sich damals auf sein berühmtes Zitat „Die Geschichte wird mich freisprechen“ – und vielleicht auch auf diese Redezeit.

Weitere heiße Themen

Scholz’ Schicksal – Das politische Schicksal von Bundeskanzler Olaf Scholz hängt am seidenen Faden. Am Sonntag, den 22. September, finden Landtagswahlen im Bundesland Brandenburg statt, dem Sitz der Hauptstadt Berlin. Seit Gründung der Bundesrepublik 1990 war diese Region eine stabile Hochburg der SPD, die nie eine Wahl verlor. Doch nach jüngsten Erfolgen der AfD in Thüringen und Sachsen droht nun auch Brandenburg, an die rechte Partei zu fallen.

Olaf à la Biden – Sollte die SPD die Wahl gegen die extreme Rechte verlieren oder bei einem knappen Sieg nur knapp gewinnen, könnte der Druck auf Scholz erheblich steigen. Er könnte gezwungen sein,, Verantwortung zu übernehmen, ähnlich wie US-Präsident Joe Biden, der im Falle von Konflikten oder Krisen bereits frühzeitig Rückzug signalisierte, um eine Katastrophe abzuwenden.

Aspekte Migration und Ukraine – Die beiden heikelsten Themen für die Regierungskoalition (SPD, FDP und Grüne) sind vor allem im Osten Deutschlands die Steuerung der Migrationsströme sowie das Unterstützungsmaß für die Ukraine. Die Bevölkerung fordert einerseits eine striktere Migrationspolitik, andererseits ein Ende der Unterstützung für Kiew. Die Bundesregierung versucht, bei den Migrationsfragen eine Kursänderung zu bewirken, doch Zeit wird knapp.

Das Europäische Parlament

Die EU-Impuls für den digitalen Euro – Die Europäische Zentralbank arbeitet an einer digitalen Version des Euro, einem quasi-europäischen Bitcoin. Dabei handelt es sich um eine Kryptowährung, die direkt von der EZB ausgegeben werden soll und perspektivisch die Bargeldwelt ergänzen oder sogar ablösen könnte. Über dieses Projekt beraten die Abgeordneten der Wirtschafts- und Währungs-Kommission am Montag, den 23. September, mit dem italienischen EZB-Exekutivmitglied Piero Cipollone.

Der Sakharov-Preis für Musk? – Die Nationalisten Orbán und Salvini setzen sich dafür ein, Elon Musk den Sakharov-Preis für Freiheit des Geistes zu verleihen, eine Auszeichnung, die Persönlichkeiten wie Nelson Mandela, Alexander Dubček oder Alexej Navalny in der Vergangenheit erhielten. Am Donnerstag, den 26. September, stellen alle Fraktionen ihre Kandidaten vor: Die Linke favorisiert palästinensische Journalisten, die Konservativen und die Opposition in Venezuela (die den Preis bereits 2017 erhielten), während die Liberalen eine Bewegung israelischer und palästinensischer Frauen für den Weltfrieden nominieren.

Prioritäten der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft – Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán musste in letzter Minute seinen für diese Woche geplanten Redebeitrag im Straßburger Parlament absagen, da er vom Unwetter überrascht wurde. Seine Minister werden vorerst nächste Woche, am Montag, dem 23., und Donnerstag, den 25. September, in die Ausschüsse für Umwelt und Entwicklung kommen.

EU-Gelder für die Flutschäden in Italien – Am Montag stimmen die Abgeordneten in der Haushaltskommission darüber ab, ob das EU-Solidaritätsfonds-System für Italien, Slowenien, Österreich, Griechenland und Frankreich aktiviert wird, um die Folgen der Naturkatastrophen des Jahres 2023 zu bewältigen. Mehr darüber, warum die Auszahlung solcher Gelder oft so lange dauert, lesen Sie hier.

Der Rat der Europäischen Union

Migration – Ja oder Nein? – Am Dienstag, den 24. September, beginnt die Vorbereitung für den EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober. Mehrere Mitgliedstaaten, darunter auch Italien, bestehen darauf, das Thema Migration in die Tagesordnung aufzunehmen. Es gibt jedoch unterschiedliche Meinungen: Deutschland fordert konkrete Beschlüsse, während andere wie die Niederlande weniger bindende Formulierungen bevorzugen.

Fischerei in der Nordsee – Das zentrale Thema des Landwirtschafts- und Fischereirats am Montag, den 23. September, wird die Festlegung der Fangmöglichkeiten für 2024 und 2025 sein. Die Ministerinnen und Minister der EU beraten außerdem die bevorstehenden jährlichen Abstimmungen über Fischereiquoten mit dem Vereinigten Königreich, Norwegen und angrenzenden Küstenstaaten.

Schutz der italienischen Reismarkt – Bei den Allgemeinen Wirtschaftlichen und Handelsfragen (Aob) wird Italien eine Diskussion über den Reismarkt anstoßen: Eingereichte Kritik betrifft die massiven Importe aus Kambodscha und Myanmar, die dank zollfreier Exporte über 450.000 Tonnen Reis in die EU bringen. Diese Importe sollen die Ernteverluste in Italien und Spanien aufgrund der Dürre ausgleichen, doch Italien fordert das Ende der Ausnahmeregelungen, da sie seiner Meinung nach einen unfairen Wettbewerb begünstigen.

Draghis Sicht auf die Wettbewerbsfähigkeit – Am Donnerstag, den 26. September, tagt der Ministerrat für Wettbewerbsfähigkeit. Dabei geht es um drei zentrale Themen: staatliche Beihilfen, kleine und mittlere Unternehmen sowie den Binnenmarkt. Im Fokus steht auch das Strategiepapier von Mario Draghi, der eine jährliche Investitionssumme von 800 Milliarden Euro fordert, um den Abstand zu den USA und China zu verringern.

Die Europäische Kommission

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nimmt an der 79. Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York teil, gemeinsam mit der Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager und dem Hohen Vertreter/Vizepräsidenten Josep Borrell. Ziel ist es, die Anliegen der EU auf globaler Ebene zu vertreten und die wichtigsten Themen der internationalen Agenda voranzutreiben.

Weitere bedeutende Ereignisse

Fall Puigdemont – Am Donnerstag, den 26. September, entscheidet die Europäische Gerichtshofskommission über die Rechtmäßigkeit der Wahl von Carles Puigdemont und zwei weitere katalanische Politiker ins Europäische Parlament, trotz eines laufenden spanischen Haftbefehls gegen sie.

Burkini-Verbot in Belgien – Ebenfalls am Donnerstag befasst sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit dem Verbot des Burkinis in Belgien.

Sergio Mattarella in Deutschland – Der italienische Präsident Sergio Mattarella wird am Donnerstag, dem 26. September, einen Staatsbesuch in Deutschland absolvieren.

Papst Franziskus in Luxemburg – Ebenfalls am 26. September ist Papst Franziskus zu Gast in Luxemburg.

Fünf Highlights der vergangenen Woche

  • Der EU-Plan für die Ukraine: 35 Milliarden Euro Kredite durch eingefrorene Gelder von Putin – Verkündet von von der Leyen bei der Pressekonferenz mit Zelensky vor Ort in Kiew.
  • Bruch in der Mehrheit von von der Leyen: Die EVP verbündet sich mit Rechtsaußen – Bei der Resolution zum Venezuela-Thema konnte die EVP eine Koalition mit den nationalistischen Fraktionen Orbán und Salvini sowie den Konservativen um Meloni schmieden und einen Text durchsetzen, selbst wenn die Mitte-links-Fraktion dagegen stimmte.
  • Wer in Europa die tatsächliche Macht hat – Die EU-Kommissionspräsidentin hat zwar Versprechen über stärkere Kollegialität abgegeben, doch die auf ihre Aufgabe anwendbaren Verantwortlichkeiten überschneiden sich oft, sodass die „Hardliner“ ihre Kollegen kontrollieren können. Schließlich lagert die deutsche Christdemo Catherine Gaube die Kontrolle über die Gesamtarbeit.
  • Pistolen für Kiew gegen russisches Territorium: Ja von FdI, Nein von Lega, M5s, Grünen und Linkspartei. Das EU-Parlament fordert die Abschaffung aller Einschränkungen bei der Waffenlieferung in russisches Gebiet, um die Verteidigungskraft des Landes zu stärken.
Lukas Steinberger

Lukas Steinberger

Ich bin Lukas Steinberger, Redakteur bei AUSTRIA24 TV mit Fokus auf Politik und Gesellschaft. Nach meinem Journalismusstudium in Wien habe ich für verschiedene Medien gearbeitet und mich auf analytische Berichterstattung spezialisiert. Mein Ziel ist es, komplexe Themen verständlich zu machen und die Perspektiven der Menschen sichtbar zu machen.