Nach dem ersten Schreck über das geplante Treffen zwischen Wladimir Putin und Donald Trump in Budapest, das in wenigen Wochen stattfinden soll, sind Fragen aufgekommen, wie der russische Präsident überhaupt in die ungarische Hauptstadt gelangen könnte. Denn ein internationaler Haftbefehl gegen ihn existiert seit 2023 und wird vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) erhoben. Die logistische Lage bleibt daher unklar, wie der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow betonte.
Wettlauf um die Route
Wie Putin überhaupt nach Europa gelangen soll, bleibt eine offene Frage. Viele Routen scheiden bereits im Voraus aus: Um Budapest zu erreichen, müsste das Flugzeug in den Luftraum von NATO-Mitgliedstaaten eindringen, die Moskau gegenüber feindlich gesinnt sind – etwa die baltischen Staaten, Polen oder Rumänien. In einem Interview mit Izvestija nannte der Politologe Iwan Mezyukho die als „wahrscheinlichste Option“ geltende Route über das Schwarze Meer und Serbien. Um durch den Luftraum der EU zu gelangen, wäre jedoch eine spezielle Genehmigung erforderlich, ergänzte der Experte, und deutete außerdem auf eine mögliche alternative Route hin, die Russland mit Ungarn verbinden könnte, ohne europäische Länder überfliegen zu müssen.
Das Rätsel des Haftbefehls gegen Putin
Der heikelste Punkt bleibt aber der Haftbefehl gegen Putin. Der Internationale Strafgerichtshof drängt Ungarn darauf, den russischen Führer festzunehmen, der wegen Kriegsverbrechen angeklagt wird – insbesondere wegen der Deportation und Verschiebung ukrainischer Kinder aus Gebieten, die unter russischer Kontrolle stehen. Auch Ungarn sei formal verpflichtet, Putin festzunehmen, obwohl in den vergangenen Monaten ein Rückzug aus dem Rom-Statut angekündigt wurde, wie ein Sprecher des IStGH betonte. Nach dem Rom-Statut sind die Vertragsstaaten verpflichtet, einen auf der Fahndungsliste stehenden Beschuldigten auch dann festzunehmen, wenn er ihr Luftraum durchquert. Eine Ausnahme sah man für das Ferragosto-Treffen in Alaska vor, weil die USA das Statut nicht ratifiziert haben.
Ungarn hingegen, als Unterzeichnerstaat, wäre formal verpflichtet zu handeln, wie ein Sprecher des IStGH erinnerte. Allerdings hatte Budapest am 3. April angekündigt, aus dem Rom-Statut auszutreten, während Ungarns Spitzenpolitiker Viktor Orbán in Budapest den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu empfing – ebenfalls von einem Haftbefehl der IStGH betroffen. Der Austritt aus dem Rom-Statut wird jedoch erst ein Jahr nach der Notifikation an den UN-Generalsekretär wirksam, also am 2. Juni 2026. Orbán habe Putin allerdings beruhigt und ihm zugesichert, „alle notwendigen Garantien“ zu geben, da auch er von einem internationalen Haftbefehl betroffen ist.
„Es gibt keine Reiseverbote innerhalb der EU“
Offen bleibt zudem die Frage nach den europäischen Sanktionen, die nach der Invasion der Ukraine auch Putin und Außenminister Sergej Lawrow treffen. Die Sanktionen sehen zwar das Einfrieren von Vermögenswerten in EU-Staaten vor, jedoch kein generelles Einreiseverbot in europäische Länder. Eine formelle Ausnahmeregelung wurde von der EU-Kommissionssprecherin Anitta Hipper ins Gespräch gebracht, gemäß der es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten sei, zu entscheiden, ob Ausnahmen vom Einreiseverbot in den EU-Luftraum gewährt werden.
Die Verbindung Budapest, Kiew und Moskau
Die Entscheidung für die Stadt am Donauufer hat politische wie auch technologische Gründe und entfacht erneut die Debatte über Budapests Verhältnis zu Moskau und über den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den russischen Präsidenten. Budapest besitzt zudem eine historische Bedeutung im Kontext des Ukraine-Krieges. 1994, nach dem Zerfall der Sowjetunion, gab Kiew dem drittgrößten Atomarsenal der Welt im Austausch gegen Sicherheitsgarantien durch das Budapester Memorandum. Für viele Ukrainer ist dieses Dokument zu einem Symbol gebrochener Versprechen geworden: Es war von Russland, den USA und dem Vereinigten Königreich unterzeichnet worden, versprach die Souveränität der Ukraine, wurde aber gebrochen, als Moskau 2014 die Krim annektierte und 2022 die Invasion begann.
In einem Radiointerview bezeichnete Orbán – Verbündeter von Trump und von vielen Beobachtern als zentrale Brücke Moskaus in der EU gesehen – die Entscheidung für Budapest als „logisch“. „Die Hauptstadt Ungarns ist im Grunde der einzige Ort in Europa, an dem ein Treffen dieser Art stattfinden kann, weil Ungarn das einzige Land in Europa ist, das sich für Frieden einsetzt“, erklärte der Führer der Fidesz-Partei. Orbán war im Juli des Vorjahres bereits in Moskau gewesen, um Putin zu treffen, kurz nachdem Ungarn die Ratspräsidentschaft der EU übernommen hatte, in dem Versuch, einen Waffenstillstand mit Kiew auszuhandeln.